In unserer Wohnung steht seit Kurzem ein Wurmkomposter – genauer gesagt steht er im Bad, gleich neben der Waschmaschine. Der Komposter heißt WormUp, er kommt aus der Schweiz und ist eine Art Edel-Komposthaufen im Kleinformat für den ökologisch interessierten Großstadtmenschen ohne Garten.
Einzug des Wurmkomposters
Ich liebe Experimente und darum war dieser WormUp mein schönstes Geburtstagsgeschenk. Anfang Januar habe ich das 14 Kilo schwere Paket auf dem Gepäckträger meines Fahrrads nach Hause geschoben, denn der Komposter kam bei Freundinnen in einem anderen Stadtteil an, damit ich keinen Verdacht schöpfe.
Noch ist mein WormUp nur ein Gebilde aus Ton mit mehreren Etagen, die sich einzeln aufeinandersetzen lassen. Er steht auf Sandsteinfüßen, unter die ich etwas Filz geklebt habe, damit die Fliesen im Bad nicht zerkratzen.
Seit ich eine Pflanze oben drauf gestellt habe, geht der WormUp fast als Tischchen durch, und ich kann kaum glauben, dass unter dem Deckel bald viele kleine Wesen ihre eigene Welt erschaffen.
Ende der Woche kommen die Bewohner. Das hat mir jedenfalls eine freundliche E-Mail angekündigt: „Liebe Wurmfreundin, lieber Wurmfreund!“, begann sie und ich fühlte mich sehr angesprochen.
Die Kompostwürmer kommen mit der Post
Die Kompostwürmer werden von einem Züchter aus Brandenburg verschickt, und ich mache mir ein wenig Sorgen, in welchem Zustand sie hier ankommen. Angeblich müssen sie sich vom Schrecken ihrer Reise erst einmal erholen. Ich hoffe nur, sie landen zum Wochenende nicht in einem muffigen Paketshop. Keine Ahnung, was Würmer anstellen, wenn sie traumatisiert sind.
Pandemiebedingt sind bei uns zurzeit selten Menschen zu Besuch. Für den Start eines Kompostprojekts im Bad ist das gar nicht so schlecht, denn Würmer haben kein gutes Image, wie ich an der Reaktion einer Freundin neulich feststellen musste. Sie versuchte sich nicht so viel anmerken zu lassen, aber ich glaube, der WormUp hat sie etwas verstört. Und dass, obwohl da ja noch gar niemand drin wohnt.
Tatsächlich soll der Komposter auch nicht für immer in der Wohnung bleiben. Unter freiem Himmel und in unserem Keller ist es für einen Start aber einfach zu kalt.
Kompostieren in der Stadtwohnung: Fallstricke und Fehler
Ein Vorteil des Betrieb in der Wohnung ist auch, dass ich das Biotop im Blick behalten kann, denn so ein Komposter wird Stück für Stück aufgebaut, so wie ein Komposthaufen im Garten auch. Und genau wie dort, gibt es auch hier Fehlerquellen: zu viel Biomasse auf einmal tut nicht gut, das Ganze sollte weder zu nass noch zu trocken sein, außerdem immer gut belüftet, sonst kippt der Haufen.
Ist der Wurm glücklich, produziert er Kompost. Ist er es nicht, verkriecht er sich oder versucht zu flüchten. Das habe ich mehrfach gelesen, wobei ich mich wirklich frage, wie ein Wurm aus solch einem Tongefäß herauskommen will.
Ich werde zur Vorsicht in den ersten Tagen nach Ankunft der Würmer feuchte Tücher rund um den WormUp drappieren. Dazu wird geraten, denn die „kleinen Racker“, wie es in der Beschreibung heißt, seien vom Transport ein wenig durcheinander. Sollten Verwirrte das Weite suchen, verstecken sie sich unter den Tüchern. So der Plan.
Lieblingsfutter oder Snacks für Spezialisten?
Starten soll der WormUp erst einmal mit wenig Biomasse, etwa 300 Gramm, ein bis drei Tage alt, vermischt mit klein gerissenem Karton, Küchentüchern oder Klopapierrollen. Das alles besteht aus Zellulose und bindet Gerüche, nimmt Feuchtigkeit auf und sorgt gleichzeitig für Struktur. Und wird ebenfalls von den Würmern abgebaut.
Zusätzlich werde ich noch etwa ein bis zwei Liter Erde in die erste Schicht mischen, die ich Anfang des Jahres einem Maulwurf vom Hügel geklaut habe, und vielleicht noch etwas alte Blumenerde. Dann haben die Würmer gleich ein wenig mehr Platz und können sich besser einleben.
Nach einer Woche kommt dann im Idealfall die nächste Fuhre Bioabfall oben drauf.
Damit wir in der Küche ab sofort Obstreste, Karottenschalen, Kaffeesatz und Teefilter (Lieblingsfutter der Würmer) von „Spezialistenfutter“, wie Zwiebelresten, Kohlstrünken und Kartoffelschalen trennen können, habe ich ein altes Weckglas mit einem Wurmschild aufgehübscht.
Solches Spezialistenfutter sollte vorsichtig beigemischt werden und auch erst, wenn das System läuft, denn dabei handelt es sich um Biomasse, die nicht so schnell verwertet wird und Gerüche bilden kann.
Alternative Kompostsysteme aus Holz oder Kunststoff
Der Vollständigkeit halber soll hier erwähnt sein, dass es viele weitere Kompostsysteme gibt, die sich laut der Hersteller ebenfalls für Wohnung, Balkon, Keller oder Garage eignen und weniger kosten. Es gibt sie aus Holz oder Kunststoff – und natürlich ist das Internet auch voll von Bauanleitungen für die klassischen Wurmkisten, die man selber bauen kann. Damit kann man auch einiges erleben, wie dieser Erfahrungsbericht zeigt.
Solche Wurmkisten aus Holz und Maschendraht sind sicherlich die preisgünstigste Möglichkeit, Würmer ein bisschen Biomüll umwandeln zu lassen.
Ich hatte mich allerdings sofort in den WormUp verliebt, als ich vor einiger Zeit einen großartigen Artikel über den Selbstversuch eines Journalisten in der Süddeutschen Zeitung las. Darum habe ich allen Menschen vor meinem Geburtstag einfach nur noch von diesem Tongefäß erzählt. Nun muss der Komposter zeigen, was er kann.
Ich hoffe, dass mein Humusprojekt bis zum Frühjahr stabil angelaufen ist und ich im April schon genügend Wurmerde ernten konnte. Der Kompost soll dann nämlich gleich mit den Tomatenpflanzen auf den Balkon ziehen und dafür sorgen, dass sie noch weiter in den Himmel wachsen.
Jetzt ziehen aber erst einmal die Würmer ein. Ich hoffe, sie haben eine angenehme Reise.
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